Strukturwandel: Förderung der Verbesserung der Mobilitätsangebote
Das Land Sachsen-Anhalt fördert in dem vom Kohleausstieg betroffenen Strukturwandelgebiet über den Europäischen Fonds für einen gerechten Übergang („Just Transition Fund“) das anwendungsorientierte Erforschen der Möglichkeiten zur Verbesserung der Mobilitätsangebote zur Beförderung von Personen und des Öffentlichen Personennahverkehrs sowie die Entwicklung innovativer Mobilitätsangebote.
Attraktiv, modern und innovativ sind heute gebrauchte Adjektive, mit denen die Anforderungen an zukunftsorientierte Mobilitätsangebote zum Ausdruck gebracht werden. Mobilitätsangebote und der Öffentliche Personennahverkehr sollen in dem vom Kohleausstieg betroffenen Strukturwandelgebiet als Haltefaktor wirken und das Hervorbringen von Beschäftigungs- und Bleibeperspektiven unterstützen, indem sie die allgemeine Erreichbarkeit der Grundversorgung erhöhen. Hierbei stehen bedarfsorientierte Mobilitätsangebote mit innovativen Verkehrsformen, wie zeitnahe zum Bedarf ausgeführte Verkehre (On-Demand-Verkehre) oder Sammelfahrten (Ridepooling), im Fokus. Diese Formen werden als Voraussetzung angesehen, um das Leben für die Menschen vor Ort attraktiv zu gestalten. Zudem besteht die Hoffnung, dass die Verbesserung der Mobilitätsangebote insgesamt helfen kann, die Abwanderung von Fachkräften und ihrer Familien sowie der jungen Generation zu verhindern und den Zuzug von Arbeitskräften zu begünstigen. Die Verbesserung der Mobilitätsangebote könnte somit dazu beitragen, der demografischen sowie der Fachkräfteentwicklung entgegenzuwirken.
Vor diesem Hintergrund werden mit der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Verbesserung der Mobilitätsangebote (MBl. LSA, 2023 S. 207)
- der Landkreis Anhalt-Bitterfeld,
- der Burgenlandkreis,
- der Landkreis Mansfeld-Südharz und
- der Saalekreis
bei der anwendungsorientierten Erforschung der Möglichkeiten zur Verbesserung der Mobilitätsangebote als Haltefaktor für Fachkräfte und Familien im Strukturwandelgebiet und bei der Entwicklung innovative Mobilitätsangebote mit einem Zuschuss von bis zu 70 Prozent gefördert.
Die Landkreise werden dabei unterstützt, die Ansätze zur Verbesserung der Mobilitätsangebote in wissenschaftlicher Begleitung durch
- die Hochschulen
in angewandter Forschung und unter praktischer Anwendung wissenschaftlicher Methoden zu untersuchen und zu entwickeln. Damit wird die Unterstützung gegeben, die erforderlich ist, um die Fragestellung, ob und mit welchen Verbesserungen ein Mobilitätsangebot im Strukturwandelgebiet als Haltefaktor dienen kann, fundiert zu beantworten und einer innovativen Lösung zuzuführen.
Für eine fachliche Unterstützung steht
- die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH
den Landkreisen insbesondere bei der Konzeptionierung und Umsetzung der Mobilitätsangebote aktiv zur Seite. Ein essentieller Aspekt der Unterstützung ist unter anderem die Berücksichtigung der erprobten Mobilitätsangebote in der landesweiten Fahrplan- und Tarifauskunft.
Die Landkreise können die Zuwendungen
- an Verkehrsunternehmen,
die in den Landkreisen über Linienverkehrsgenehmigungen verfügen und Linienverkehr betreiben, weiterleiten.
Was ist das Ziel?
Mit der Unterstützung wird das Ziel verfolgt, dass in dem Strukturwandelgebiet die zeitliche Verfügbarkeit des Öffentlichen Personennahverkehrs erhöht, die Reichweite und die Flexibilität des Öffentlichen Personennahverkehrs verbessert und das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln erweitert wird. Zudem sollen die erste und letzte Meile der Wegstrecke mit in die Mobilitätsangebote einbezogen und innovative Dienste der bedarfsorientierten Bedienung mit auf Dauer ausgelegten Betriebskonzepten hervorgebracht werden.
Was ist der Fördergegenstand?
Gefördert werden Vorhaben der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung zur Verbesserung der Mobilitätsangebote zur Beförderung von Personen und des Öffentlichen Personennahverkehrs mit folgenden Rahmenbedingungen:
1. Die Vorhaben müssen die Einrichtung und Erprobung
- der Erhöhung der zeitlichen Verfügbarkeit des Öffentlichen Personennahverkehrs,
- die Verbesserung der Reichweite und der Flexibilität des Öffentlichen Personennahverkehrs,
- der Erweiterung des Angebotes an öffentlichen Verkehrsmitteln und
- der Berücksichtigung persönlicher Start- und Zielorte
zum Hauptgegenstand haben. Hierbei ist zu beachten, dass die Merkmale kumulativ verknüpft sind und insgesamt erfüllt sein müssen.
2. Die Vorhaben müssen örtlich auf ein Bediengebiet einer Pilotregion im ländlichen Raum außerhalb des Verdichtungsraumes Halle in dem Strukturwandelgebiet bezogen sein.
3. Die Verbesserung der Mobilitätsangebote ist durch
- die Verdichtung des Haltestellennetzes,
- die Einführung virtueller Bedarfshaltestellen,
- die Veränderung des Liniennetzes,
- die Verdichtung des Beförderungstaktes,
- die Ausweitung des Bedienungszeitraums,
- das Einsetzen von Fahrzeugen auch unterschiedlicher Art,
- die Einführung einer bedarfsorientierten Bedienung oder
- die Kombination dieser Handlungsoptionen
herbeizuführen. Die Merkmale sind alternativ verknüpft und als Handlungsoptionen zu verstehen.
4. Die Mobilitätsangebote sind mit Hilfe von
- Maßnahmen der herkömmlichen (klassischen) Angebotsgestaltung im Öffentlichen Personennahverkehr,
- Linienbedarfsverkehren nach § 44 des Personenbeförderungsgesetzes,
- gebündelten Bedarfsverkehren nach § 50 des Personenbeförderungsgesetzes oder
- Kombinationen dieser Verkehrsformen
zu entwickeln. Darin kann die Bereitstellung von Kraftfahrzeugen, die alternative Kraftstoffe nutzen und die CO2-neutral sind, sowie zusätzlich die Bereitstellung von Fahrrädern oder Elektrokleinstfahrzeugen enthalten sein. Die Merkmale sind alternativ verknüpft und als Gestaltungsmittel zu sehen.
Wer erhält die Zuwendungen?
In der Richtlinie gilt der Grundsatz, dass die Aufgabenträger nach § 4 Abs.1 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Sachsen-Anhalt für die Vorhaben verantwortlich sind. Dementsprechend sind die Landkreise diejenigen, die die Zuwendungen in der Hauptsache empfangen sollen. Zuwendungsempfängerin ist auch die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH.
Die Hochschulen erhalten keine Zuwendungen. Ihre Aufwendungen können im Vertragsverhältnis mit den Landkreisen geregelt werden und fallen den förderfähige Ausgaben der Landkreise zu.
Die Verkehrsunternehmen erhalten ebenfalls keine Zuwendungen. Die Landkreise können ihre Zuwendungen jedoch an die Verkehrsunternehmen weiterleiten.
Was ist bei der Pilotregion zu beachten?
Das Vorhaben kann in jedem räumlichen Bereich des Strukturwandelgebietes außerhalb des Verdichtungsraumes Halle durchgeführt werden. Es muss nicht durch administrative Grenzen des Landkreises oder von Gemeinden begrenzt sein. Die Pilotregion kann ein geografisches Teilgebiet eines Landkreises sein. Sie ist jedoch nicht zwingend auf einen Landkreis begrenzt, sondern kann räumlich auch Landkreisgrenzen überschreiten. Dies eröffnet die Möglichkeit der Zusammenarbeit der Landkreise in einem gemeinsamen Vorhaben. Der Begriff der Region stellt allein auf versuchs- oder testweise eingerichtete Mobilitätsangebote in einem räumlich begrenzten Bediengebiet ab. Allerdings muss das Bediengebiet mindestens drei Gemeinden oder Gemeindeverbände einbeziehen.
Was sind die Voraussetzungen?
Folgende Anforderungen sind Voraussetzungen für die Förderung:
1. Für ein Vorhaben mit Investitionen in Infrastruktur mit einer erwarteten Lebensdauer von mindestens fünf Jahren ist eine positive Klimaverträglichkeitsprüfung notwendig.
2. Das Vorhaben muss in einem Verbund ausgeführt werden, der von einem Landkreis allein oder gemeinsam von mehreren Landkreisen unter Beteiligung von mindestens dem oder den örtlich tätigen Verkehrsunternehmen, der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH und einer Hochschule geleitet und durchgeführt wird.
Die Richtlinie fokussiert auf die Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs, der in der Aufgabenträgerschaft der Landkreise liegt. Daneben sind die Verkehrsunternehmen diejenigen Stellen, die den Öffentlichen Personennahverkehr nach dem Willen und den Vorgaben der Landkreise praktisch ausführen. Zudem ist die Einbeziehung der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH für die Fahrplan- und Tarifauskunft notwendig. Schließlich soll die Umsetzung des Vorhabens als angewandte Forschung und Entwicklung erfolgen, was die Beteiligung einer Hochschule erfordert.
Grundsätzlich ist bei dem Vorhaben das Interesse an der Funktionsfähigkeit des Öffentlichen Personennahverkehrs zu berücksichtigen. Andere Verkehrsformen als der Linienverkehr des Öffentlichen Personennahverkehrs dürfen diesem nicht vorgehen. Insofern soll es nicht möglich sein, dass ohne Beteiligung des gesetzlichen Aufgabenträgers Maßnahmen zu Mobilitätsangeboten durchgeführt werden. Deswegen sollen die Landkreise die Federführerschaft über das Vorhaben allein oder gemeinsam übernehmen und über die Einbeziehung von Mobilitätsangeboten außerhalb des Öffentlichen Personennahverkehrs entscheiden.
3. Das Vorhaben hat folgende Quantitäten zu erfüllen: Es muss mindestens 86 zusätzliche Sitzplatzkapazitäten umfassen, mindestens das Gebiet von drei Gemeinden oder Gemeindeverbänden einbeziehen und eine Nachfrage von 15 000 Fahrgästen pro Jahr bis zum Jahr 2029 bewirken. Daneben müssen innerhalb des Vorhabens während der Laufzeit des Vorhabens vier Arbeitsplätze geschaffen werden.
Was ist die Bemessungsgrundlage?
Die Förderung erfolgt auf der Grundlage der förderfähigen Ausgaben. Förderfähig sind alle dem Vorhaben zuzuordnenden Ausgaben, die durch das Vorhaben bei sparsamer und wirtschaftlicher Ausführung ausgelöst werden und zur Erreichung des Förderzwecks notwendig sind.
Können Fahrzeuge gefördert werden?
In dem Fördergegenstand ist die Bereitstellung von Kraftfahrzeugen, die alternative Kraftstoffe nutzen und die CO2-neutral sind, sowie die Bereitstellung von Fahrrädern oder Elektrokleinstfahrzeugen enthalten. Diese Fahrzeuge müssen für das Vorhaben erforderlich sein und im Rahmen der Erprobung der Mobilitätsangebote eingesetzt werden. Die im Vorhaben neu beschafften oder gemieteten Kraftfahrzeuge müssen zwingend alternative Kraftstoffe nutzen.
Die Förderung der Bereitstellung von Kraftfahrzeugen, die keine alternativen Kraftstoffe nutzen, ist ausgeschlossen.
Der Einsatz vorhandener Kraftfahrzeuge, die noch keine alternativen Kraftstoffe nutzen, ist zulässig, denn auch durch ihren geänderten Einsatz kann das Mobilitätsangebot verbessert werden.
Wo können Anträge gestellt werden?
Anträge können gestellt werden bei:
Investitionsbank Sachsen-Anhalt,
Domplatz 12
39104 Magdeburg
Notwendig ist ein gemeinsamer Antrag aller an einem Vorhaben beteiligten Zuwendungsempfänger. Anträge für mehrere Landkreise sind zulässig.
Wann können Anträge gestellt werden?
Anträge können voraussichtlich ab Herbst 2023 jeweils zum Ende eines Quartals eingereicht werden. Als letztmaliger Termin der Einreichung ist der 31. Dezember 2026 festgelegt.
Wie erfolgt die Auswahl der Vorhaben?
Die Auswahl der Vorhaben erfolgt nach Auswahlkriterien, die auf die fachliche Ausrichtung und auf die charakteristischen Eigenschaften des Vorhabens abstellen, sowie in einem Auswahlverfahren, das sich an der Rangfolge der Vorhaben nach der Höhe erzielter Wertungspunkte orientiert.
Die fachlichen Inhalte und die charakteristischen Merkmale der Vorhaben, die zur Bewertung herangezogen werden, sind in der Richtlinie zu jedem Auswahlkriterium in Form von Antwortmöglichkeiten definiert und hinsichtlich der Anzahl ihrer Wertungspunkte bestimmt. Die Wertungspunkte sind der Höhe nach unterschiedlich und verstärken das Hervorbringen guter Vorhaben.
Das Auswahlverfahren folgt dem Grundsatz „je mehr, desto besser“. Diesem Grundsatz wird durch das Zulassen der Mehrfachauswahl von Antwortmöglichkeiten und dem kumulativen Sammeln der Wertungspunkte entsprochen. Mit der gezielten Bedienung der Auswahlkriterien kann somit die Auswahlchance des Vorhabens aktiv gelenkt werden.
Als fachliche Auswahlkriterien werden
- der Forschungsinhalt,
- die Experimentierfreudigkeit und
- die Ergebnisverwertung
des Vorhabens herangezogen.
Als charakteristisches Auswahlkriterium dienen
- die Verbesserung der Multimodalität,
- die Nachhaltigkeit und
- die Innovativität
des Vorhabens.
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Informationsblatt: Förderung der Verbesserung der Mobilitätsangebote (nicht barrierefrei)
Dateiname: Informationsblatt-Foerderung-Verbesserung-Mobilitaetsangebote.pdf – Dateigröße: 625 KB